Die Futter-Fibel: Tipps für die gesunde Pferde-Ernährung

  1. Heu aus der Mai-Ernte. Wegen Klimawandel und geringerem Protein-Gehalt Heu mindestens drei Wochen früher als bisher ernten.
  2. Raufutter als Basis, aber nicht 24 Stunden pro Tag. Pferde beschäftigen sich 18 Stunden pro Tag mit der Futtersuche, nicht mit dem Fressen.
  3. Allgemeine Heumengen-Empfehlung: 1,5 Prozent Trockensubstanz pro 100 Kilo Körpermasse pro Tag. Das bedeutet für ein Pferd mit 600 Kilogramm für den Erhaltungsbedarf 38 bis 40 Kilogramm Gras oder 10 bis 12 Kilo Heu, oder  12 Kilo Heusilage etwas mehr bei Gras-Silage, das mehr Wasser enthält.
  4. Heucobs zufüttern, ja, aber nicht die 10 bis 12 Kilo Heu damit ersetzen, außer zum Beispiel bei Pferden mit Zahnproblemen
  5. Stroh kann man sehr gut unter das Heu mischen, gerade bei übergewichtigeren Tieren. Die Gefahr der Strohkolik besteht nicht, wenn das Pferd genügend Wasser sauft. Bei adipösen Pferden Stroheinstreu streichen (ausgenommen natürlich bei trächtigen Stuten oder Pferden, die viel ruhen müssen), da sonst die Gewichtsabnahme nicht funktioniert, weil sie weniger Heu mit Strohaufnahme kompensieren. Stroheinstreu in die Futterration einkalkulieren.
  6. Keine „wilden“ Kraftfuttermischungen anbieten, am besten alle Produkte von einem Futtermittelproduzenten wählen, der a.) alle notwendigen Spurenelemente oder Vitamine direkt ins Futter mischt oder b.) extra anbietet und nicht seinem Kraftfutter beimischt. Wenn schon mineralisierte oder Vitamin-angereicherte Leckerlis, dann bitte mit dem restlichen Kraftfutter abstimmen.
  7. Wenn ein Pferd nicht übergewichtig ist seien der klassische Hafer, Dinkel oder auch Mais und Gerste durchaus ein adäquates Kraftfutter, vielleicht auch etwas  Luzerne als Proteinspender zufüttern. Beim Müsli auf den Zuckergehalt achten.
  8. Wenn kein grünes Gras zur Verfügung steht (etwa im Winter) die Vitamine A, E und D zufüttern.
  9. Auf Spuren-Elemente achten: Was Raufutter – weder Gras noch Heu – durch den Klimawandel grundsätzlich fehlt sind viele Spurenelemente wie Kupfer, Selen, Zink und Jod. Mangan und Eisen sind in der Regel ausreichend enthalten.
  10. Bei Hitze unbedingt für ausreichend Wasser sorgen (Tränken oft nicht ausreichend). Am besten bei den beliebten Aufenhalts-Orten noch Wasserbottiche aufstellen
  11. Salzleckstein immer anbieten (wenn Wasser zur Verfügung steht besteht deshalb keine Gefahr von Verstopfungskolik). Bei stark schwitzenden Pferden extra Speisesalz ins Futter mischen.
  12. Öle: Pferd haben keine Gallenblase, deshalb auch Hochleistungssportlern und abgemagerten Pferden in Maßen zufüttern: 120 bis 150 Milliliter pro Tag sind in kleinen Portionen von 20 bis 25 Milliliter bei abgemagerten oder stark beanspruchten Pferden sinnvoll, speziell Leinöl mit Omega 3-Fettsäuren. Das eignet sich auch für alte Pferde, Cushing-oder Magen-erkrankten Tieren, da es entzündungshemmend ist.
  13. Kräuter: Wer einen Kräutergarten hat, sich auskennt und Kräuter sammeln geht, kann sie sehr gerne zufüttern, Pferde fressen Kräuter sehr gerne. Eine gute Heuqualität sollte allerdings Kräuter enthalten. Es gebe keine Studien über Wechselwirkungen und richtige Dosierungen von Kräutern, auch nicht, ob etwa Artischocken- oder Weißdornprodukte eine positive Wirkung auf den Leberstoffwechsel haben. Oft kommen die angebotenen getrockneten Kräuter aus Indien, was aus ökologischen Aspekten fraglich ist. Hier kenne man auch durchaus nachhaltige Inhaltsstoffe.
  14. Luzerne/Eiweis ist nicht so schlecht wie immer noch sein Ruf: Luzerne könne man auch Hufrehe-Pferde und auch adipösen Pferden füttern. Oft hat die Luzerne sogar einen geringeren Zuckergehalt als Heu
  15.  Cushing-Pferde können auch grasen, sofern sie medikamentös eingestellt sind (z.B. mit Prescent) und keine Insulin-Disregulation festgestellt wird (hoher Insulinwert auch in Ruhephasen). So wie Luzerne war auch der Fructan-Gehalt im Gras lang im Gerede, dass sie Insulinreaktionen hervorrufen können. Aber auch hier geht es nur um eine bestimmte Gruppe von Fruktanen bzw. wasserlöslichen Kohlenhydrate.
  16. Je mehr Futterrationen, umso besser. Es gibt auch bereits für Boxen Futterautomaten. Doch selbst Raufutter- und vor allem Kraftfutterautomaten nachts zwischen 22 und 4 Uhr ausschalten (oder alternativ tagsüber in der Mittagshitze), damit die Pferde auch zur Ruhe kommen
  17. Futterberatung ist wichtig! Das machen zum einen die Universitäten, aber auch die Futtermittelhersteller bieten oftmals schon eine sehr gute Futterberatung.
  18. Nichts geht über Bewegung und die gibt´s tendenziell mehr im Offenstall. Optimal sind Aktivställe, die die Futteraufnahme mit Bewegung kombinieren.

Quelle: Ingrid Vervuert, Professorin am Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Veterinärmedizinische Fakultät Leipzig